aggregation_006 KopieDie Bedürfnisse und Ansprüche der Klienten (und Systempartner) von Heute und Morgen spielen eine eminent wichtige Rolle in Hinblick auf die Segmentierung des Marktes und in weiterer Folge auf die strategische Positionierung Ihres Unternehmens, der Dienstleistung oder des Produkts.

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Eine erfolgreiche Positionierung am Markt geht oft mit einer besseren Erfüllung von bestimmten Nutzenerwartungen der unterschiedlichen Segmente einher. Was ist aber nun der Nutzen? In der Umgangssprache wird unter Nutzen eines Gutes oder einer Dienstleistung die Fähigkeit verstanden, die Bedürfnisse der Akteure am Markt zu befriedigen. Diese Bedürfnisse wollen wir nun mit der Brille der Humanistischen Psychologie betrachten.

Schon der Begründer Humanistischen Psychologie Abraham H. Maslow hat sich intensiv mit den Motiven von Handlungen von Menschen auseinandergesetzt, um das menschliche Verhalten zu ergründen. Oft ist die Rezeption von Maslow jedoch zu platt. Er wird auf die Bedürfnispyramide reduziert, die zwischen 5 verschiedenen Motivklassen unterscheidet.

Die vier „niederen” Bedürfnisse (physiologische Bedürfnisse, Sicherheitsmotive, soziale Motive und Ich-Motive) unterstehen demzufolge dem, im Sinne der humanistischen Psychologie, zentralen (und höheren) Bedürfnis nach Selbstverwirklichung. Die ersteren vier Bedürfnisse sind dadurch gekennzeichnet, dass Ihre Nichterfüllung Krankheit hervorruft und Ihre Erfüllung Krankheit vermeidet (dementsprechend werden diese auch Defizitmotive genannt). Gesundheit ist erst dadurch gegeben, wenn der Mensch das an der Hierarchiespitze stehende Wachstumsmotiv der Selbstverwirklichung befriedigt, daher über eine unvoreingenommene Realitätswahrnehmung verfügt, sich selbst und andere akzeptiert, sich spontan und selbstbestimmt verhält und dadurch sein kreatives Potential realisiert.

Die Unterteilung der Bedürfnisse in die vier Defizitmotive und ein Wachstumsmotiv ist nicht als Essenz sondern als Grundgerüst anzusehen, auf dem Maslow seine Theorie aufbaut. Wichtig ist, dass zuerst ein Großteil der niederen Bedürfnisse befriedigt werden muss, bevor der Mensch sich seiner höheren Aufgabe der Selbstverwirklichung stellen kann. Diese „[…] bezieht sich auf das menschliche Verlangen nach Selbsterfüllung, also auf die Tendenz, das zu aktualisieren, was man an Möglichkeiten besitzt. Diese Neigung kann als das Verlangen formuliert werden, alles zu werden, was zu werden man fähig ist” (Übersetzung des Autors nach Maslow, 1954, S. 92).

Maslow orientierte sich bei seiner Forschung nicht an Krankheitsgeschichten oder Neurosen, da dies nur eine Psychologie des Kranken ergibt, sondern an Personen, die seiner Meinung nach ihr Bedürfnis nach Selbstverwirklichung (großteils) erfüllt haben (siehe dazu Maslow, 1954, Kapitel 12: Self-actualizing people: A study of psychological health).

Zusätzlich zu den selbstverwirklichenden Menschen untersucht Maslow »Grenzerfahrungen« oder »Spitzenerlebnisse«. In diesen Momenten erfahren „Durchschnittsmenschen” was Selbstverwirklichung bedeutet. »Spitzenerlebnisse« können „in der mystischen oder ozeanischen (ozeanic) Naturerfahrung, in der ästhetischen Erfahrung, im schöpferischen Augenblick, in der therapeutischen oder intellektuellen Einsicht, in der orgasmischen Erfahrung, in gewissen Formen athletischer Erfüllung [gefunden werden]. […] Diese und andere höchste Augenblicke der Erfüllung werde ich Grenzerfahrung nennen” (Maslow, 1985, S 85). Während einer Grenzerfahrung ist es einem Menschen möglich „das Sein zu erkennen” oder anders ausgedrückt Seins-Erkenntnis zu erlangen.

In welchen Bereichen agieren Sie? Setzt Ihr Angebot in der Befriedigung von Defizitmotiven an, oder wagen Sie sich an sogenannte Wachstumsmotive heran? Welche Bedürfnisse haben Ihre unterschiedlichen Kundensegmente wirklich und welchen Nutzen wollen und vor allem können Sie mit den Möglichkeiten Ihrer Organisation steigern? Nehmen Sie sich an und ab Zeit mit Stift und Papier über diese Fragen nachzudenken und die Antworten aufzuschreiben. Damit ersparen Sie sich viele lehre Kilometer.

Maslow, A. H. 1954. Motivation and personality. New York: Harper & Row.

Maslow, A. H. 1985. Psychologie des Seins: Ein Entwurf. München: Fischer.